Ronen Steinke: Vor dem Gesetz sind NICHT alle gleich

Wusstest du, dass in Deutschland jährlich ca. 7.000 Menschen wegen Schwarzfahrens im Gefängnis landen, als Folge der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe? Dachtest du auch irrtümlich, dass alle, die in Deutschland vor Gericht angeklagt werden, automatisch eine*n Pflichtverteidiger*in an die Seite gestellt bekommen? Oder wusstest du, dass Uli Hoeneß wegen seines Steuerbetrugs in Höhe von 28.4 Millionen Euro eine weniger lange Haftstrafe verbüßen musste als eine Hartz-VI-Empfängerin, die den Staat um 84.000 Eurp geprellt hat?
Von Anwaltskosten über U-Haft und Wirtschaftskriminalität bis hin zu Elendskriminalität fächert Ronen Steinke auf, inwiefern der deutsche Staat dem im Grundgesetz verankerten Anspruch „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ nicht gerecht wird. Dabei erklärt der promovierte Jurist eingängig und leicht verständlich, wo die „neue Klassenjustiz“ zum Tragen kommt und wie sich die soziale Ungleichheit etwa auf Urteile auswirkt. Mit eingestreuten Fallbeispielen und durch akribisch recherchierte Interviews nimmt Ronen Steinke die Lesenden mit in die Welt der Justiz, ohne dass dabei Vorwissen nötig wäre. Besonders berreichern fand ich dabei seinen Blick auf die geschilderten Fälle. Dieser zeugt für mich von einem stark ausgeprägten Gerichtigkeitssinn. Dabei greift er nicht in den Werkzeugkasten der Emotionalität, sondern bleibt stets sachlich. Sicher, das Buch zu lesen, hat mich empört und wütend gemacht. Ronen Steinke legt jedoch das Augenmerk auf die Empathie für die finanziell benachteiligten Mitglieder der Gesellschaft, anstatt sich in Hasstiraden gegen die Oberschicht zu ergehen. Und wer sich am Ende ratlos fragt, wie Gerechtigkeit funktionieren soll, dem gibt Ronen Steinke zum Schluss „13 Vorschläge, wie es besser gehen könnte“ mit auf dem Weg. Ein Muss, nicht nur für juristisches Personal, sondern für alle, denen Gerechtigkeit am Herzen liegt.

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